Notizen zum gleichnamigen Vortrag von Tom Müller gehalten am 14. Oktober 2000 im Vereinslokal der AAL in Düdelingen (L)
1. Vorbemerkung
Die folgende Vortragsnotiz fasst die wichtigsten Konzepte und wissenschaftlichen Entdeckungen (in bezug auf das Sonnensystem) zusammen, die im Laufe der letzten fünfhundert Jahren ausgearbeitet und überliefert wurden.
Dabei wird bewußt darauf verzichtet, im Detail auf die jeweiligen politischen und religiösen Hintergrunde einzugehen, die im Laufe dieser Zeit vorherrschten und sich teilweise hemmend, teilweise fördernd auf die Entwicklung der Astronomie und der Naturwissenschaften im allgemeinen ausgewirkt haben.
Die eigentliche Abhandlung wird durch zahlreiche Fussnoten ergänzt, die sich vor allem an jüngere Leser und Neulinge auf dem Gebiet der Astronomie richten, sowie durch einen mathematischen Anhang im Anschluss an den Hauptteil abgerundet.
2. Das Sonnensystem
Als Sonnensystem bezeichnen wir den Raum, welcher der gravitionellen Wirkung (1) der Sonne so stark unterworfen ist, dass die in ihm enthaltenen Körper einer Umlaufbahn um die Sonne nachgehen. Die Sonne ist dabei als Fixstern anzusehen. Die sie umrundenden Körper unterteilen sich in vier größere Gruppen:
Größere Planeten (9)
Monde (oder Satelliten) von Planeten
Kleinere Planeten (Asteroiden, Planetoiden)
Kometen
Aufgrund einfacher Überlegungen (z.B. aufgrund des Newton´schen Gravitationsgesetzes) können wir annehmen, dass das eigentliche Sonnensystem Kugelgestalt besitzt, wobei sein Radius auf etwa 7.10 hoch 15 m (d.h. 7000000000000000 m (15 Nullen) geschätzt wird.
Im Folgenden tritt ebenfalls die sogenannte Astronomische Einheit (AE) als Maßeinheit auf, was der mittleren Distanz zwischen der Erde und der Sonne, also etwa 150 000 000 km, entspricht. Die Gesamtmasse des Sonnensystems beläuft sich auf etwa 2.10 hoch 30 kg, wobei die Sonne selbst mehr als 99% dieser Masse ausmacht.
Die Sonne ist außerdem der einzige Himmelskörper im Sonnensystem, der (im optischen Spektrum) selbstleuchtend ist, d.h. der sein eigenes sichtbares Licht produziert.
Alle anderen Objekte sind nur aufgrund ihres Albedos (d.h. wegen ihrer Fähigkeit das Sonnenlicht zu reflektieren) für den Menschen sichtbar. Die Tabelle 1 zeigt einige physikalische und geometrische Daten der wichtigsten Objekte des Sonnensystems.
3. Die Entdeckung des Sonnensystems und seiner Gesetze
Im Jahre 1543 wurde in Nürnberg ein Buch veröffentlicht, das die Weltanschauung des Abendlandes (und später der gesamten Welt) nachhaltig beeinflussen sollte. Das Buch mit dem Titel „De revolutionibus orbium coelestium” enthielt das geometrische Modell eines Sonnensystems, d.h. eines Systems in dem die Planeten (und damit auch die Erde) um die fest im Mittelpunkt stehende Sonne revoltieren (2).
Hinzu kam auch die Idee, dass sich die Erde zusätzlich um ihre eigene Achse drehen sollte, was die Erscheinungen von Tag und Nacht erklären würde. Autor dieses Werkes war der Domherr von Frauenburg (Preussen) Nikolaus Kopernikus (1473 – 1543).
Der Geistliche hatte aus eigenen astronomischen Beobachtungen Argumente zusammengelegt, die das, damals allgemein anerkannte Ptolemäische Weltbild (3) in Frage stellten und für ein heliozentrisches (4) System sprachen. Gewidmet war das Buch dem damaligen Papst.
Die kopernikanischen Ideen, die im großen und ganzen unserer heutigen Sicht des Sonnensystems entsprachen, wurden später von Galilei und Kepler aufgegriffen, denen neue Entdeckungen gelangen, welche dem geozentrischen (3) System einen definitiven Todesstoß versetzten.
So hatte der florentinische Gelehrte Galileo Galilei (1564 – 1642), der heute allgemein als Vater der heutigen Physik gilt, gezeigt, dass alle Körper auf der Erde mit der gleichen Geschwindigkeit fallen, eine Tatsache die von Aristoteles bestritten wurde. Dieser war nämlich der Meinung gewesen, dass schwere Dinge schneller zu Boden fallen müssten als leichte.
Aufgrund der von Galilei aufgestellten Pendelgleichung gelang es diesen Irrtum zu widerlegen. Galilei war ebenfalls der erste, der das in den Niederlanden (vom Brillenmacher Hans Lippershey) entwickelte Fernglas verbesserte und für astronomische Beobachtungen verwendete. Im Jahre 1610 richtete er seinen Refraktor (5) auf den Jupiter ;
was er dort sah war ein erstes Erdbeben, das sich an den Fundamenten des Aristotelischen Weltgebäudes zu schaffen machte.
Zum Einen zeigte sich Jupiter als klar auflösbare Scheibe (und nicht wie die Fixsterne als bloße Lichtpunkte), zum anderen wurde der Planet von vier schwächeren Lichtpunkten begleitet, die sich auf einer Achse um ihn versammelten.
Nach wiederholten Beobachtungen, bei denen Galilei die relativen Positionen der fünf Gestirne ständig verändert vorfand, kam er zum Schluss, dass die vier Sterne „Monde” des Jupiters sein müssen.
Zu Ehren des Herzogs von Florenz, der dem Hause der Medici angehörte, taufte Galilei die neuentdeckten Himmelskörper „Medicische Sterne”, ein Name, der sich allerdings nie so recht durchsetzen konnte ; heute sind die vier Objekte unter den Namen „Io”, „Europa”, „Callisto” und „Ganymed” bekannt.
Zum ersten Mal war es gelungen, Himmelskörper zu beobachten, die in erster Linie nicht um die Erde revoltierten. Außerdem entdeckte er, dass die Venus, ähnlich wie der Mond, ein Phasenphänomen aufweist, also nicht immer als vollständige Scheibe erscheint.
Hinzu kommt, dass der scheinbare Durchmesser (6) der Venus sich mit den Phasen ständig verändert und zwar ist er bei „Vollvenus” am kleinsten (der Planet also am weitesten von der Erde entfernt), während er kurz vor dem „optischen Verschwinden” des Planeten sein Maximum aufweist ;
ein Beweis für eine Revolution der Venus um die Sonne. Bei seinen Saturnbeobachtungen entdeckte er, dass „Saturn von zwei kleineren Gestirnen an seinen Flanken” begleitet wurde.
Um diese „Gestirne” als Ring zu deuten, reichte die Auflösung seines Teleskopes nicht aus.
Die Ehre den Saturnring, genau wie den größten Saturnsatelliten (7) , Titan, entdeckt zu haben (1655/56), gebührt dem niederländischen Astronomen und Physiker Christiaan Huygens (1629 – 1695), dem ebenfalls die erste Bestimmung der Rotationsdauer des Mars (die etwa 24 Stunden beträgt) gelang.
Galilei entdeckte außerdem Gebirge auf dem Mond und beobachtete Flecken auf der Oberfläche der Sonne, was Aristoteles aufgrund der göttlichen Natur aller außerhalb der Erde bestehenden Objekte ausgeschlossen hatte.
Dank der Bewegung der Sonnenflecken stellte Galilei ebenfalls fest, dass die Sonne rotiert und knapp 25 Tage benötigt um sich einmal um sich selbst zu drehen.
Seine Resultate, die bewiesen, dass das alte Model wesentlich gravierendere Fehler enthielt, als die geometrischen Probleme, die Ptolemäus mit seinem Epizyklenmodell zu lösen versucht hatte, veröffentlichte Galilei in seinen zahlreichen Büchern, wie dem „Siderius Nuntius” (Latein, 1610), dem „Il Saggiatore” (Italienisch, 1623) und dem „Dialogo sopra I due massimi sistemi del mondo” (Italienisch, 1632),
Werke die später zu den Grundlagen der Vertreter des kopernikanischen Systems wurden.
Die Bestrebungen Galileis, Beweise für Kopernikus´ Behauptungen zu finden und die gefundenen zu veröffentlichen, brachten ihn in Konflikt mit der katholischen Kirche, die sich versessen darum bemühte, das alte Ptolemäische Weltbild aufrecht zu erhalten, setzte dieses doch den Menschen als Krone der göttlichen Schöpfung in den Mittelpunkt des Universums (was der Kirche natürlich ihre Glaubwürdigkeit und Berechtigung sicherte),
während das neue System mit dieser uralten Ansicht brach und den Menschen zu einem „unwichtigen” Bewohner eines die Sonne umrundenden Planeten machte. Florenz, im Wirkungsraum des Vatikans liegend, lieferte Galilei aus, so dass dieser 1633, nachdem man ihm die Foltergeräte gezeigt und ihn an des Schicksal Giordano Brunos (8) erinnert hatte, in Rom zum Abschwören seiner Theorien bewegt werden konnte.
Den Rest seines Lebens verbrachte er unter Hausarrest in einer kleinen Villa in Arcetri nahe Florenz, was ihn jedoch nicht davon abbringen konnte weiter an seinen Theorien zu arbeiten. Es gelang ihm sogar ein letztes Werk aus dem Land schmuggeln zu lassen : Seine „Discorsi e dimostrazioni interno a due nuove science” erschienen 1638 in den Niederlanden und waren das letzte bedeutende wissenschaftliche Werk vor Newtons Naturphilosophie.
Johannes Kepler (1571 – 1630), ein Zeitgenosse Galileis, der mit letzterem auch in Briefkontakt stand, war der Gehilfe des dänischen Astronomen Tycho Brahe (9) (1546 - 1601), der in seinen letzten Jahren Hofastronom Kaiser Rudolfs II. in Prag und nach seiner Veröffentlichung über die Supernova (10) von 1572 in ganz Europa bekannt geworden war.
Tycho hatte Nacht für Nacht die genauen Positionen des Planeten Mars bestimmt und alle möglichen Daten gesammelt. Diese erlaubten Kepler die Sonnenumlaufbahn des roten Planeten (11) zu bestimmen. Dabei gelangte er zu einer verblüffenden Einsicht : Mars bewegte sich nicht wie bisher angenommen auf einer Kreisbahn, sondern auf einer Ellipsen-Trajektorie in deren einem Brennpunkt sich der Mittelpunkt der Sonne befindet.
Ebenfalls fiel ihm das regelmäßige physikalische Verhalten des Planeten auf : je näher Mars an der Sonne war um so schneller bewegte er sich. Ähnliche Erscheinungen konnten auch bei den anderen Planeten beobachtet werden, was Kepler dazu verleitete die Planetenbewegungen auf drei grundlegende geometrisch – physikalische Gesetze, die heute seinen Namen tragen, zurückzuführen.
Veröffentlicht hat Kepler seine Ergebnisse in der „Astronomia Nova” (1609) und den „Harmonices Mundi” (1619).
Das theoretische Fundament für die Entdeckungen Keplers (und Galileis) entwickelte der Engländer Isaac Newton (1643 - 1727). Er arbeitete auf fast allen Gebieten der damaligen Physik und Mathematik, doch zu seinen wichtigsten Arbeiten zählen sicherlich die Schriften über Optik und sein Jahrtausendwerk über die Mechanik mit dem Titel „Philosophiae naturalis principia mathematica” („Mathematische Grundlagen der Naturphilosophie”) aus dem Jahre 1687.
Er formulierte das sogenannte Newton´sche Gravitationsgesetz, das die Anziehungskraft zwischen zwei Massen beschreibt und somit erlaubt das physikalische Verhalten von massiven Körpern (also auch der Planeten) zu bestimmen. Neu war dabei das Konzept der sogenannten kontaktlosen Kraft, d.h. die beiden Massen stehen nicht in direkter Berührung zueinander und trotzdem wirken sie gegenseitig aufeinander ein.
Das Gravitationsgesetz erlaubte den mathematischen Beweis des dritten Kepler´schen Gesetzes zu liefern (siehe Anhang), das besagt, dass für alle Planeten, welche die Sonne umrunden, die Umlaufzeit im Quadrat proportionell zur dritten Potenz der großen Halbachse der Umlaufbahn sein muss. Doch damit nicht genug, es erlaubt sogar das dritte Gesetz auf alle Himmelkörper des Sonnensystems, die eine periodische Umlaufbahn besitzen, zu übertragen.
Wir verdanken Newton ebenfalls die Entwicklung des ersten brauchbaren Spiegelteleskops, auf dessen grundlegenden Prinzipien auch heute noch alle großen Teleskopen der Welt beruhen. Newton hatte so den theoretischen und praktischen Grundstein für die eigentliche Entdeckung des heute bekannten Sonnensystems gelegt.
So wurde es nach langer Zeit auch wieder möglich Teile des Sonnensystems auszumessen : Man kannte ja seit der Antike die ungefähren geometrischen Eigenschaften des Systems Erde – Sonne – Mond. (So hatte Erathostenes den Erdumfang (und den Erdradius) bestimmt, während Aristarchos von Samos die Entfernung Erde – Sonne aus einer geometrischen Messung ableitete. Schließlich ermittelte Hipparchos mit einer noch heute angewendeten Parallaxenmethode die Entfernung Erde – Mond.)
Somit war es ein Leichtes die Konstante des dritten Kepler´schen Gesetzes für die Erde zu bestimmen, die folglich auch für alle anderen Planeten ihre Gültigkeit besaß. Gelang es nun die synodischen Umlaufszeiten der Planeten zu bestimmen, konnte man ihre mittlere Entfernung zur Sonne leicht berechnen.
Eine weitere bedeutende Anwendung der Newton´schen Himmelsmechanik leistete der englische Naturwissenschaftler Edmund Halley. Dieser berechnete 1705 die Bahnen von 24 Kometen (12) , die in den drei vorigen Jahrhunderten beobachtet worden waren und kam zu einer verblüffenden Erkenntniss :
die Kometen, die 1531, 1607 und 1682 beobachtet worden waren, besaßen fast identische elliptische Bahnen um die Sonne, was die Vermutung nahe legte, dass die drei Erscheinungen durch einen einzigen Kometen erzeugt worden waren, der alle 76 Jahre wiederkehrte. Seinen nächsten Vorübergang an der Sonne sagte Halley für das Jahr 1759 voraus.
Halley konnte die Richtigkeit seiner Aussage leider nicht mehr überprüfen, da er im Jahre 1742 starb. Der Komet kehrte jedoch wie berechnet zurück und wurde Weihnachten 1758 von einem jungen deutschen Amateurastronom wiederentdeckt. Seitdem trägt der Komet den Namen „Halley”. Die letzte Sonnennähe erreichte der Halley´sche Komet im Jahre 1986, seine nächste Rückkehr wird für das Jahr 2061 erwartet.
Nach 1759 brach eine richtige Kometenjagd in der Welt der Astronomie aus, die bis heute anhält. Zu den erfolgreichsten „Jägern” zählen heute die Franzosen Charles Messiers (1730 – 1817) (13 Kometen), Jean – Louis Pons (1761 – 1831) (37 Kometen), sowie das amerikanische Ehepaar Carolyn und Eugene Shoemaker (zweite Hälfte des XX. Jhd).
Heutzutage sind über 3000 Kometen bekannt, wovon jedoch nur die wenigsten ausreichend lichtstark wurden, um die Aufmerksamkeit des breiten Publikums auf sich zu ziehen.
4. Neue Himmelskörper
Seit dem Altertum sind sieben „bewegliche” Himmelskörper vor der Kulisse der Fixsterne bekannt : Sonne, Mond, Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn.
Galilei hatte 1610 vier neue Objekte entdeckt, Huygens 1655 den Saturnsatellit Titan. Warum sollte es denn keine weiteren interessanten Dinge im Sonnensystem zu entdecken geben?
Zuerst waren es die bekannten Planeten, die die Aufmerksamkeit der ambitionierten Astronomen der ganzen Welt auf sich zogen.
So beschäftigte sich der italienische Astronom Giandomenico Cassini (1625 – 1712) mit ausführlichen Beobachtungen des Saturns. Dabei fiel ihm auf, dass der zwanzig Jahre zuvor durch Huygens beschriebene Ring, durch einen dunklen Einschnitt in zwei verschiedene Teile getrennt wird. Heute ist diese dunkle Trennlinie nach ihrem Entdecker benannt. Cassini entdeckte außerdem vier weitere größere Satelliten des Saturn : Japet (1671), Rhea (1672), sowie Dione und Thetys (1684).
Die erste bedeutende Neuentdeckung geht jedoch auf den in England lebenden Musiklehrer und Amateurastronomen William Herschel (1738 – 1822) zurück.
Auf der Suche nach Doppelsternen, kartographierte er systematisch den Himmel, als ihm am 17. März 1781 ein besonderes Objekt auffiel, das sich bei zunehmender Vergrösserung in seinem 16-cm-Reflektor als Scheibe auflösen ließ.
Nach einer anfänglichen Vermutung, es könnte sich hierbei um einen Kometen handeln, zeigte der schwedische Mathematiker Anders Lexell (1740 –1784), dass die Bahnelemente des Himmelskörpers denen eines Planeten entsprachen.
Die Entdeckung dieses bisher unbekannten Planeten machte Herschel weltberühmt. Er erhielt eine Anstellung als Astronom am englischen Hof, was ihn wohl auch dazu veranlasste den neuen Planeten „Georgium Sidus” (zu Ehren des englischen Königs George III) zu nennen.
Der heute gebräuchliche Name „Uranus” wurde vom deutschen Astronomen Johann Bode (1747 – 1826), von dem im folgenden noch öfters die Rede sein wird, eingeführt.
Wenig später gelang es Herschel auch noch zwei Satelliten des Uranus, Oberon und Titania (1787), sowie zwei weitere Trabanden des Saturns (Mimas und Epimetheus (1789) ) zu entdecken.
Man hatte lange Zeit nach einer Verteilungsfunktion für die Planeten gesucht.
Dem deutschen Mathematiker Johann Tietz (1729 – 1796), genannt Titius, war es als Erstem gelungen, eine solche Funktion zu konstruieren. Titius Resultate wurden später von Bode veröffentlicht.
Das Gesetz von Titius – Bode ist eine Zahlenfolge, welche die mittlere Sonnenentfernung D der einzelnen Planeten in AE widerspiegelt :
D=0,4+0,3x2n
Die Variable n ist dabei für jeden Planeten wohlbestimmt, wie folgenden Tabelle zeigt :
n |
D(AE) |
Name |
¥ |
0,4 |
Merkur |
0 |
0,7 |
Venus |
1 |
1,0 |
Erde |
2 |
1,6 |
Mars |
4 |
5,2 |
Jupiter |
5 |
10,0 |
Saturn |
6 |
19,6 |
Uranus |
Wir sehen dass für n = 3, also zwischen Mars und Jupiter, kein Planet bekannt war.
Die Entdeckung des Uranus hatte die Richtigkeit der Zahlenfolge gezeigt.
Folglich musste ein von Titius und Bode in einer Sonnenentfernung von etwa 2,8 AE
vorausgesagter Himmelskörper existieren.
Zahlreiche systematischen Beobachtungen wurden angestrengt um den „verlorenen” Planeten
zu entdecken, alle jedoch ohne Erfolg.
Erst am Neujahrsabend von 1801 gelang es dem italienischen Astronomen Guiseppe Piazzi (1746 – 1826),
der damals Direktor des Observatoriums von Palermo war, ein Objekt zu beobachten,
das ständig seine relative Position bezüglich den anderen Sternen veränderte.
Piazzi glaubte zuerst, es handle sich um einen Kometen, jedoch gelangte man Dank der Umlaufbahnberechnungen
von Bode und Carl Friedrich Gauss (1777 – 1855) bald zur Einsicht, dass es sich um einen
planetenähnlichen Körper handelte, der auf einer elliptischen Bahn um die Sonne revoltierte.
Interessant dabei ist, dass seine mittlere Sonnenentfernung mit der für n = 3 berechneten übereinstimmt.
Piazzi selbst taufte das Objekt auf den Namen „Ceres”.
Nun dauerte es nicht lange bis in der gleichen Region des Sonnensystems weitere kleinere Planeten entdeckt wurden:
Im März 1802 gelang Wilhelm Olbers (1758 – 1840) die erste Beobachtung des Planetoiden „Pallas”.
Zwei Jahre später folgte die Entdeckung von „Junon” durch Carl Harding (1765 – 1834).
Heute weis man, dass sich zwischen Mars und Jupiter ein richtiges Planetoiden – Feld mit mehreren Zehntausenden von Objekten befindet.
Die rasche Evolution des Teleskops, sowie auch die Weiterentwicklung der mathematischen Mittel
zur Berechnung der Bahnelemente der Himmelskörper, vor allem durch Lexell, Bode und Gauss vorangetrieben
, erlaubten immer exaktere Beobachtungen und Verausberechnungen der Positionen der einzelnen Objekte am Nachthimmel.
Für Uranus trat jedoch ein Problem auf : auch wenn man alle bekannten Objekte im Sonnensystem berücksichtigte,
so wich der Planet doch stets deutlich vom berechneten Kurs ab. So entstand bald die Vermutung es könnte einen weiteren
großen Planeten „hinter” Uranus geben, der dessen Bahnbewegung störte.
Fast zeitgleich berechneten der englische Astronom John Couch Adams und der Franzose Urbain Leverrier die Bahn des Phantom – Planeten,
letzterer schickte seine Resultate schließlich an den deutschen Astronomen Johann Galle,
der am 23. September 1846 tatsächlich in der von Leverrier vorausgesagten Himmelsregion den Planeten als erster bewusst beobachten konnte.
Bewusst deshalb, da man nach späteren genaueren Bahnberechungen herausfand, dass es sich bei einem 1613 durch Galilei
aufgezeichneten Objekt bereits um den neuen Planeten handelte ; dieser hatte ihn jedoch bloß für einen Fixstern gehalten.
Im gleichen Herbst 1846 entdeckte der Engländer William Lassell den größten Satelliten des mittlerweile auf den Namen Neptun
getauften Planeten und nannte ihn Triton, nach dem Meeresgott aus der antiken Mythologie.
Es bleibt noch zu bemerken, dass für Neptun das Gesetz von Titius und Bode nicht mehr zutrifft,
denn der Planet befindet sich deutlich näher an der Sonne als der Abstand, den man in obiger Formel
für n = 7 ausrechnet (vgl. Anhang 1).
Mitte des neunzehnten Jahrhunderts wurde dann auch eine weitere bedeutende Technik entwickelt, welche später die gesamte
Astronomie revolutionieren sollte, und heute gar nicht mehr wegzudenken ist : die Fotografie.
Sie erlaubt es in einer einzigen Nacht ganze Himmelsregionen optisch exakt abzulichten, was natürlich zu ständig
neuen Entdeckungen von Satelliten, Planetoiden und Kometen führte.
Allein zwischen 1875 und 1951 wurden so dreizehn neue Monde, darunter die beiden Begleiter des Mars (Hall 1877), gefunden.
Wir wollen hier doch lediglich näher auf eine 1930 getätigte und ausschließlich der Astrofotografie zu verdankenden
Entdeckung eingehen. Die Vorgeschichte dazu beginnt jedoch wie bereits für Neptun in der Mitte des vorigen Jahrhunderts.
Zu Neptuns Entdeckung hatte ja eine Unstimmigkeit in der Bahnberechnung des Uranus geführt.
Weitere Messungen machten jedoch deutlich, dass Uranus immer noch nicht den Berechnungen folgte,
und auch Neptun schien sich dem Willen der Mathematik nicht unterwerfen zu wollen.
Es lag also nah, die Existenz eines weiteren Planeten zu postulieren.
Allen Berechnungen und systematischen Suchen zum Trotz versteckte sich das Objekt jedoch mehr als 80 Jahre lang vor den neugierigen Blicken der Astronomen.
Erst die bis dahin umfangreichste astrofotografische Untersuchung brachte am 18. Februar 1930 den gewünschten Erfolg.
Der Amerikaner Clyde W. Tombaugh kartographierte vom Lowell-Observatorium in Flagstaff (Arizona) aus,
in mehr als 7000 Arbeitsstunden, über 90 Millionen Sterne, ehe er das gesuchte Objekt in der Nähe des Sternes d - Gem aufspürte.
Der neue Planet erhielt den Namen „Pluto”, nach dem Herrscher der Unterwelt in der antiken Mythologie,
da er soweit von der Sonne entfernt ist, dass seine Umgebung extrem kalt und dunkel (und somit lebensfeindlich) ist.
Tombaughs Untersuchung hatte jedoch auch noch andere Resultate aufzuweisen :
So wurden nebenbei noch 1600 Planetoiden entdeckt, 1887 veränderliche Sterne (13) registriert und die Positionen von 29548 Spiralnebel (14) bestimmt.
Erst 1978 wurde herausgefunden, dass Pluto eigentlich ein Zweikörpersystem ist, und der größere Körper (Pluto) von einem
Trabanten begleitet wird, der etwa halb so groß wie das Hauptobjekt ist.
Beide Körper sind nur 19600 km von einander entfernt und weisen eine im Sonnensystem einmalige Eigenschaft auf:
Die Revolutionsperiode des Satelliten ist mit der Rotationsperiode des Planeten identisch.
ein Entdecker, der Astronom James Christy, taufte den Satelliten auf den Namen „Charon” nach dem getreuen Diener des Pluto,
der die Toten über den Fluß des Vergessens in die Unterwelt schiffte.
Heute nimmt man aufgrund der stark elliptischen Bahn des Plutosystems, die unteranderem auch die Bahn des Neptuns kreuzt, an,
dass es sich bei den beiden Körpern eher um „entflohene Satelliten” des Neptuns handelt, als um ein eigenständig entstandenes Planetensystem.
Die letzte große Entwicklung, die einen erneuten Durchbruch in der Sonnensystemsforschung bedeutete und eine wahre Informationsflut mit sich brachte,
war die gegen Ende der 50er Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts aufkommende Raumfahrt.
Sie erlaubte es den Astronomen sich die Objekte des Sonnensystems mittels Sonden und künstlicher Satelliten aus nächster Nähe anzusehen
und so bedeutende Kenntnisse über Zusammensetzung und physikalische Eigenschaften der einzelnen Himmelskörper zu erringen.
Die bedeutendsten Raumfahrtprojekte (im Hinblick auf gemachte Entdeckungen im Sonnensystem) waren sicherlich die beiden Voyager Missionen (1977 – 1990),
die uns einen einmaligen Einblick in die Welten von Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun vermittelten, nebenbei noch zahlreiche soweit unbekannte Objekte
in diesen Regionen entdeckten, darunter zahlreiche kleinere Satelliten der vier Gasriesen und die Ringsysteme des Jupiters und des Uranus,
die von der Erde aus nicht beobachtbar sind.
Sie lieferten auch den optischen Beweis, dass ein solches Ringsystem eine dichte Ansammlung unzähliger Mini-Satelliten ist.
Aber auch die Apollo-Missionen mit den sechs gelungenen Mondlandungen (1969 – 1972), haben zahlreiche Erkenntnisse auf
dem Gebiet der Mond-Geologie gebracht, genau wie die Sonden Viking 1 und 2 (1976) und Pathfinder (1997) erste Eindrücke
von der Marsoberfläche nach Hause funkten.
Im März 1982 bekam die Venus Besuch von den beiden Raumsonden, Venera 13 und 14, die jedoch aufgrund der extremen Druck- und Temperaturverhältnisse
auf der Oberfläche des Planeten ihre Tätigkeit nach kurzer Zeit aufgeben.
1985 wurde die Raumsonde Giotto gestartet, die im folgenden Jahr die ersten Bilder des Kerns der Halley´schen Kometen schoss,
als dieser sich nach 1910 wieder in Erdnähe befand.
Im Jahr 1995 trat der Sonnenbeobachtungssatellit SOHO seine Arbeit an und liefert seitdem den Astronomen wichtige Messungen über unser Zentralgestirn.
Weitere vielversprechende Sonden sind geplant oder bereits unterwegs und es bleibt abzuwarten, welche Geheimnisse sie unserem Sonnensystem entlocken.
Fussnoten
1) Die Gravitationskraft, auch Massenanziehung genannt, ist die Kraft, die zum Beispiel bewirkt, dass ein Apfel vom Baum fällt, oder aber das Gewicht eines Menschen auf der Erde größer ist als auf dem Mond.
2) Mit dem Begriff „Revolution” bezeichnen Astronomen die Umrundungsbewegung eines Himmelskörpers um einen anderen, im Gegensatz zur „Rotation”, die eine Drehbewegung eines Körpers um seine eigene Achse (bzw. Schwerpunkt) bezeichnet.
3) Claudius Ptolemäus (75 – 160 n. Chr.) hatte das von Platon und Aristoteles ausgearbeitete geozentrische Weltbild dahingehend weiterentwickelt, dass es die beobachteten geometrische Gegebenheiten (z.B. Rückläufigkeiten der Planeten) weitgehend erklärte und voraussagtbar machte. Dabei spielte die sogenannte Epizykeltheorie, d.h. dass die Planeten sich auf ihren großen Kreisbahnen zusätzlich noch auf weiteren kreisförmigen Bahnen bewegen, eine wichtige Rolle.
4) Ein heliozentrisches System sieht vor, dass die Sonne sich im Mittelpunkt des Systems befindet, während diese Rolle in einem geozentrischen System der Erde zufällt (geo = Erde ; helios = Sonne ; zentrum = Mittelpunkt). Bei letzterem wird angenommen, dass das gesamte Himmelsgewölbe sich im Laufe eines Tages einmal vollständig um die Erde herumdreht, während die Planeten zusätzlich eigene Bewegungen durch den Sternenhimmel ausführen. Die Dauer, welche die Sonne, für eine ganze „Sternenrunde” benötigt definierte man als Jahr.
5) Linsenteleskop, im Gegensatz zu dem von Newton entwickelten Spiegelteleskop (Reflektor)
6) d.h. der im Fernrohr beobachtete Durchmesser ; dieser wird in Bogenmaß ( ° , ´, ´´ ) angegeben.
7) Der Begriff „Satellit” wurde von Kepler eingeführt um die Monde der Planeten zu bezeichnen. Dieses hat den Vorteil, dass man mit „Mond” lediglich den natürlichen Erdsatelliten bezeichnen kann und somit eventuellen Missverständnisse aus dem Weg geht.
8) Der Nolaner Philosoph Giordano Bruno (1548 – 1600) ließ sich in seinen Anschauungen unteranderem auch von Kopernikus beeinflussen. Seine zahlreichen Veröffentlichungen, in denen er von einer undenkbar großen Anzahl von Sonnensystemen mit von verschiedensten Wesen bewohnten Planeten schrieb, wurden von den damaligen kirchlichen Instanzen als ketzerisch angesehen. Bruno wurde von einem Kirchengericht zum Tode verurteilt und in Rom auf dem Scheiterhaufen hingerichtet.
9) Der Vollständigkeit halber muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass Tycho Brahe kein Vertreter des kopernikanischen Weltbildes war und stattdessen ein von ihm selbst entwickeltes geozentrisches System vertrat.
10) Bei einer Supernova handelt es sich um die „Explosion” eines Sterns. Auf der Erde macht sich dieses äußerst seltene und nicht vorhersagbare Phänomen durch das plötzliche Erscheinen eines besonders hellen Lichtpunktes, also eines neuen „Sterns” (nova = neu) an einer zuvor eher dunklen Stelle am Himmel bemerkbar. Die Helligkeit nimmt dann langsam wieder ab, bis der Lichtpunkt nach einiger Zeit ganz verschwindet.
11) Mars besitzt an seiner Oberfläche Gestein von überwiegend roter und bräunlicher Farbe, so dass er im Fernrohr als rötlich schimmernde Scheibe erscheint ; daher der Name „roter Planet”.
12) Kometen (Haarsterne) sind äußerst seltsame Mitglieder des Sonnensystems. Wir nehmen heute an, dass sie zum größten Teil aus Wassereis mit einigen Silikateinschlüssen bestehen, d.h. sie sind riesige „schmutzige” Schneebälle. Als seltsam sind sie anzusehen aufgrund der Form ihrer Bahnen : Sie bewegen sich entweder auf
extrem lang gestreckten Ellipsen (periodische Kometen), oder aber auf offenen Bahnen in Parabel– oder gar Hyperbelform (einmalige Kometen). Besonders auffallend sind die meisten Kometen aufgrund der Ausbildung eines deutlichen Schweifes in Sonnennähe.
13) Ein Stern wird „veränderlich” genannt, wenn seine optische Helligkeit starken Schwankungen unterworfen ist, d.h. wenn er nicht immer gleich hell scheint. Diese Leuchtkraftschwankungen sind in den meisten Fällen periodische Phänomene, die z.B. durch regelmäßige Bedeckungen eines dunkleren Begleitkörpers (ähnlich wie bei einer Sonnenfinsterniss) entstehen können. Es gibt aber noch zahlreiche andere Ursachen weshalb ein Stern seine Helligkeit wechselt.
14) Spiralnebel bilden die Hauptklasse der Galaxien. Als Galaxie bezeichnet man eine zum Zentrum hin sich verdichtende Ansammlung von Sternen. Die Milchstraße, in der ja auch das Sonnensystem liegt, ist ein solcher Spiralnebel, genau wie der bekannte Andromedanebel.
15) Aus Platzgründen werden hier nur einige wichtige Beispiele aufgegriffen. Eine detailierte Ausführung der Raumfahrt würde aufgrund der überwältigenden Masse an Ergebnissen ganze Bücher füllen. Der interessierte Leser sei hierdurch an weiterführende Literatur verweisen.
Anhang zu Entdecker des Sonnensystems:
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Physikalische und geometrische Daten einiger Objekte des Sonnensystems:
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